* 4. Sept. 1892 in Marseille, † 22. Juni 1974 in Genf, Komponist. Mit der charakteristischen Dichotomie, mit der Milhaud 1949 die erste Fassung seiner Lebenserinnerungen einleitete, »Je suis un Français de Provence et de religion israélite« (Notes sans musique, S. 9), sind die komplementären Wurzeln seiner Herkunft bereits exakt benannt: Milhaud entstammte einer recht wohlhabenden Familie alteingesessener jüdischer Kaufleute und wuchs in Aix-en-Provence auf; Stadt, Atmosphäre und Landstrich prägten ihn nachhaltig. Darius’ Vater Gabriel, ein begabter Amateurpianist, der zentrale Funktionen im lokalen Musikleben bekleidete, handelte erfolgreich mit Mandeln. Außerhalb der Stadt besaßen die Milhauds eine beschauliche Landresidenz (L’Enclos), in der Darius über Jahrzehnte seine wichtigsten Werke schuf. Auch seine italienische Mutter (geb. Allatini), Nachfahrin sephardischer Juden und talentierte Altistin, unterstützte die künstlerischen Bestrebungen des Knaben nach Kräften; nach Duetten mit dem Vater und Violinunterricht seit seinem siebten Lebensjahr trat der Zwölfjährige in kleinen öffentlichen Konzerten auf und spielte die zweite Geige im Streichquartett seines Lehrers Léo Bruguier. Seine Entdeckung von Debussys Quartett (1892–1893) kam 1905 einer Offenbarung gleich; Pelléas et Mélisande (1902 Paris) bezeichnete er emphatisch als seine »nourriture essentielle« (Ma vie heureuse [1973], 2...