*um 1435 in Braine-l’Alleud (bei Nivelles, Prov. Brabant), †vor dem 12. Okt. 1511 in Nivelles oder in Italien, Komponist und Musiktheoretiker. Trotz einer ersten biographischen Skizze bereits von um 1495 (Johannes Trithemius, Cathalogus illustrium virorum Germaniae, Mz. o. J.) sind die Informationen über sein Leben recht bruchstückhaft (grundlegend die Rekonstruktion bei R. Woodley 1981). Tinctoris, Sohn des Magistrats Martin le Taintenier, erhielt seine frühe musikalische Ausbildung vermutlich in Nivelles. Eine Notiz vom 11. Juli 1460 erwähnt seine Besoldung für vier Monate als »petit vicaire« an der Kathedrale von Cambrai; wahrscheinlich also kam er mit dem dort als »maître des petits vicaires« wirkenden G. Dufay in Kontakt. Für die Jahre 1462/63 wird Tinctoris als »succentor« und »choralium pedagogus« an Sainte-Croix in Orléans erwähnt; zu dieser Zeit war er auch als Student in der Deutschen Nation der dortigen Univ. immatrikuliert. Zwischen 1463 und 1472 wirkte er an der Kathedrale von Chartres, ohne daß dies bisher genauer datierbar ist. In den frühen 1470er Jahren wurde er Kaplan und Sänger am aragonesischen Königshof in Neapel. Belegt ist auch sein Aufenthalt in Ferrara vom 7. bis 11. Mai...