I. Grundsätzliches Der Begriff Barock hat sich als Epochenbezeichnung für den Zeitraum zwischen 1600 und 1750 vornehmlich in der deutsch- und englischsprachigen Musikgeschichtsschreibung so fest eingebürgert, daß selbst der Nachweis der Unbrauchbarkeit eine weitere Verwendung wohl nicht mehr verhindern wird. Als Barockzeitalter gelten die eineinhalb Jahrhunderte zwischen dem ›Epochenjahr‹ 1600, in dem die erste Oper (J. Peris Euridice) und auch das vermeintlich erste Oratorium (E. de’ Cavalieris Rappresen­tatione di anima, et di corpo) gedruckt wurden, und dem Todesjahr J. S. Bachs. Der Versuch, so disparate musikalische Erscheinungs­formen wie etwa das »recitar cantando« eines E. de’ Cavalieri aus Rom und die Da-capo-Arie eines Joh. A. Hasse aus Bergedorf unter einem Dach zu versammeln, muß jedoch ebenso scheitern wie das Ziel, mit einer Gliederung in ›Frühbarock‹, ›Hochbarock‹ und ›Spätbarock‹ die musikalischen Entwicklungen dieses Zeitraums, in deren Zenit dann A. Corelli und J.- B. Lully stehen müßten, mit einer gleichsam biolo­gischen Argumentation von Werden und Vergehen zu einer Einheit zu erklären. Als wichtigste historische Klammern des Barockzeitalters werden der Generalbaß und die Affektenlehre in Verbindung mit der musikalischen Rhetorik angesehen. Bedenkt man freilich, daß der Generalbaß als Satztechnik...