I. Begriffe und mathematische EigenschaftenDas wahrscheinlich schon Platon bekannte und von Euklid mehrfach beschriebene (u.a. Die Elemente, 2. Buch, § 11), in rationalen Zahlen nicht ausdrückbare Teilungsverhältnis des Goldenen Schnittes zerlegt eine gegebene Strecke in zwei ungleiche Abschnitte, deren kleinerer sich zum größeren verhält wie dieser zur ganzen Strecke, als Formel a : b = b :(a + b); Abb. 1)Abb. 1:Teilungsverhältnis des Goldenen SchnittesDer Theologe und Mathematiker Luca Pacioli (1445 – um 1510) sah in den drei aufeinander bezogenen Abschnitten ein Symbol der Trinität und bezeichnete diese Proportion in seinem gleichnamigen Traktat als »divina proportione« (De divina proportione, Vdg. 1509, hrsg. ital./dt. von C. Winterberg, Wien 1889). Den Ausdruck sectio aurea (Goldener Schnitt) soll Leonardo da Vinci, der für Paciolis Buch die Zeichnungen geschaffen hat, geprägt haben; wahrscheinlicher ist aber seine Entstehung im 19. Jh., als zahlreiche Schriften über die naturwissenschaftliche und ästhetische Bedeutung des Goldenen Schnittes entstanden und man ihn als »wichtigstes Kunstgesetz, das uns die Natur geoffenbart hat«, nachzuweisen suchte (K. Witzel, Untersuchungen über gotische Proportionsgesetze, Bln. 1914, S. 17).Die dem Teilungsverhältnis des Goldenen Schnittes anhaftende Faszination geht vor allem auch von seiner...