A. Historisch
I. Zum Begriff
Das italienische Wort tempo wurde seit dem 18. Jh. besonders im deutschen Sprachraum für die Art und den Grad des Geschwindigkeitsablaufs einer Musik gebräuchlich. Eine bündige Definition wird diesem vielschichtigen historischen Terminus und seinem Bedeutungsfeld nicht gerecht. Oft wird mit Tempo die Vorstellung einer ›absoluten‹ Geschwindigkeit bzw. Tondauer verbunden. Sie geht auf die Zeit seit den Romantikern zurück: dem weitgehend verselbständigten Bereich des ›Ausdrucks‹ trat die mechanische Zeitmessung, die Tempobestimmung durch das Metronom, ebenfalls gleichsam verselbständigt, gegenüber. Seit das Wort Tempo besonders in diesem eingeengten Sinn in die Gemeinsprache übernommen wurde, mag auch dies wieder auf den musikalischen Tempobegriff zurückgewirkt haben. Doch bezogen auf Kompositionen und Aufführungen entzieht er sich weitgehend einem Erfassen durch Methoden exakt naturwissenschaftlicher Betrachtungsweise, d. h. somit den Kategorien des Eindeutigen und Beweisbaren. Die bis in das 15. Jh. zurückzuverfolgenden Meßversuche zu genauer Tempofestlegung von Musik der eigenen Zeit beruhen auf dem irreflektierten Verhältnis eines Musikers dem eigenen und zeitgenössischen Werk gegenüber, das noch Beethovens Versuche mit dem Mälzelschen Metronom kennzeichnete. Der heutige Betrachter kann weder die Folgen der eingetretenen zeitlichen Distanz von dem historischen...