I. Begriff
Zyklus (von griech. κυκλός, Kreis) heißt im allgemeinsten Sinne eine Gruppe von in sich geschlossenen Gebilden (Werken oder Sätzen), die formal und / oder inhaltlich so aufeinander bezogen sind, daß sich eine übergeordnete Einheit ergibt und daß Form und Inhalt des einzelnen Teils und Form und Inhalt des Zyklus einander wechselseitig erhellen (den Begriff der zyklischen Form, verstanden als geistige Einheit einer mehrsätzigen Komposition, haben offenbar Karl Reinhard Köstlin 1857 und Arrey von Dommer 1865 in die Musikästhetik eingeführt). Die Mittel, mit denen ein Zyklus gebildet wird, können sehr verschieden sein und reichen vom Allgemeinsten (der drei- oder viersätzige Sonatenzyklus oder eine inhaltlich zusammenhängende Gruppe von Werken wie B. Smetanas Ma vlast) zu sehr speziellen und komplizierten Gebilden (thème cyclique oder Viersätzigkeit in der Einsätzigkeit); Grad und Art der Zyklusbildung sind fast beliebig variierbar. In Vokalwerken kommt die Frage hinzu, ob die komponierten Texte einen Zyklus bilden (Wilh. Müllers Die schöne Müllerin oder Winterreise) und ob der Komponist diese poetische zyklische Form durch eine musikalische verstärkt oder überlagert hat. Schließlich sind die historischen Ausprägungen des Zyklusdenkens in ihren technischen Mitteln, in ihrer Verbreitung und ihrer Intensität äußerst unterschiedlich....