I. Einleitung
Das Fach Musikethnologie besitzt zahlreiche weitere Bezeichnungen: Vergleichende Musikwissenschaft, Musikologie, Musikalische Volks- und Völkerkunde, Ethnomusikologie; engl. ethnomusicology, comparative musicology; frz. ethnomusicologie, musicologie comparée. Im deutschen Sprachraum hat sich seit den 1960er Jahren die Bezeichnung Musikethnologie für eine musikwissenschaftliche Disziplin eingebürgert, die im Prinzip alle Fragen verfolgt, die sich an empirisch erfaßbare Aspekte von Musik als sozial-kulturellem Phänomen richten lassen. Ihr Forschungsgegenstand umfaßt alle als ›Musik‹ verstandenen und darauf bezogenen Erscheinungsformen und Vorstellungen der Vergangenheit und der Gegenwart. Musikethnologie unterschied sich methodologisch von der historischen Musikwissenschaft vor allem dadurch, daß sie von Anfang an Vorstellungen von ›Kunst‹ zum Forschungsgegenstand machte, statt sie – wie die frühere historische Musikwissenschaft – als den Forschungsgegenstand begrenzende Prämisse zu axiomatisieren.
In der Praxis beschäftigen sich im deutschen Sprachraum arbeitende Musikethnologen weiterhin vorwiegend mit den Produkten und Prozessen außereuropäischer Musiktraditionen, jedoch sind die Schwerpunkte und Fragestellungen musikethnologischer Forschung selbst soziale Phänomene und somit das Ergebnis historischer Prozesse. Sie unterscheiden sich von Land zu Land und in ihrer historischen Entwicklung, wie im folgenden dargestellt wird.
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