A. Grundlagen I. Begriffsverständnis Musiktheorie wird nach Abgrenzung, Eigenart und Ziel gegenwärtig sehr unterschiedlich bestimmt. Dabei lassen sich drei Haupttendenzen feststellen: 1. Ein verbreiteter Sprachgebrauch (zumal im musikpraktischen Ausbildungssystem) faßt unter ›Musiktheorie‹ diejenigen Lehrfächer zusammen, die speziell auf eine analytische Beschäftigung mit Musik vorbereiten, so vor allem →Harmonielehre, →Kontrapunkt, Formenlehre (→Form), zuweilen auch Melodie- und Rhythmuslehre oder anders benannte Fächer mit satzgeschichtlicher bzw. stilkundlicher Ausrichtung, die der musikalischen ›Praxis‹ gegenübergestellt werden. 2. Begründete Kritik an diesem Verständnis von ›Theorie‹ als musikalischer ›Handwerkslehre‹ führte zur Forderung, ›Musiktheorie‹ – unter Berufung auf tiefergehende Sichtweisen von theoria (aus griech. theorein, anschauen, betrachten) wie auch manchen Grundsätzen moderner Theoriebildung gemäß – anspruchsvoller zu bestimmen, nämlich als »sich auf das Ganze der Musik« beziehende »Theorie der Musik« von deren Wurzeln her, die »anthropologischer Natur« sind (G. Knepler 1995, S. 11, 23). Ob, wie und mit welchem Ertrag sich ein solches Konzept, das dem einer »Systematischen Musiktheorie« (W. Wiora 1960, S. 54-60) entspricht, verwirklichen...