I. Begriff
1. Bestimmungen
Musikalische Form ist das Resultat all dessen, was ein Musikwerk ausmacht und in ihm zusammenwirkt, vom kleinen satztechnischen Detail bis zum großen Zusammenhang, in der Abfolge, den Übergängen, der Beziehung und der jeweiligen Funktion der musikalischen Vorgänge und Teile. Beschreibung, Deutung und Lehre der musikalischen Form bilden daher die krönende und anspruchsvollste musiktheoretische Disziplin, weil sie sämtliche Teilmomente eines Satzes einschließt und zusammenführt. Denn jedes Teilmoment – wie Harmonik, Kontrapunkt, Melodik, Rhythmik, Dynamik – entfaltet erst in Abhängigkeit von und in Verbundenheit mit den anderen Momenten seinen vollen musikalischen Sinn. So wenig eine harmonische Analyse absehen kann von linearen Ereignissen oder von der metrischen und formalen Position von Akkorden und Akkordfolgen, so wenig könnte sich eine Analyse der Form auf bloße Grundrisse beschränken: Eine Betrachtung, die sich begnügen würde mit dem Aufzählen formaler Abschnitte, bliebe arm und leer.
Geht man davon aus, daß alle Materie geformt ist, gibt es in solchem allgemeinen Sinne auch keine ›formlose‹ Musik. Eine irgendwie geartete innere und äußere Gestalt hat alles Existente von sich aus; so gesehen ist und hätte jede musikalische Äußerung ›Form‹....