Die Bezeichnung sozialistischer Realismus ist das Ergebnis von politisch dominierten Kunstdiskussionen, die seit Ende der 1920er Jahre in der Sowjetunion geführt worden sind. Sie war das Zentrum einer sog. marxistisch-leninistischen Ästhetik, deren Ziel in der Fixierung von Grundsätzen für eine neue, den gesellschaftlichen Veränderungen entsprechende Kunst gesehen wurde. In den Folgejahren spielte sie eine Rolle als Gegenpol in der in der UdSSR von deutschen Emigranten ab 1936 herausgegebenen literarischen Monatsschrift Das Wort (Wortführer waren u. a. Bertolt Brecht, H. Eisler, Georg Lukács und Anna Seghers). Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde sie schließlich für alle sozialistischen Länder zur beherrschenden Kunsttheorie ausgestaltet.Der Inhalt des Begriffs sozialistischer Realismus hat sich im Laufe der Jahre deutlich verändert und erweitert. In der Literatur finden sich als wichtigste Richtungen die folgenden: als historische Bezeichnung für die Kunst des revolutionären Proletariats und der Arbeiterklasse; als wertende Bezeichnung für die neue Qualität gegenüber aller realistischen Kunst vorher; als ideologische Bezeichnung für die Beziehungsqualität zwischen der weltanschaulichen Position von Künstlern und dem ästhetisch-künstlerischen Gehalt ihrer Werke; als politisch-moralische Bezeichnung für die Haltung vorrangig von Künstlern und Rezipienten, aber auch von Institutionen; als kunsttheoretische Bezeichnung für eine spezifische, auf die Erkenntnis und Gestaltung...