Das Ruggiero (Rogero) genannte musikalische Satzmodell, eine der bekanntesten ostinaten Baßformeln (→Folia, →Ostinato, →Romanesca) des 17. Jh., kam gegen Mitte des 16. Jh. auf, erfreute sich in der ersten Hälfte des folgenden Jahrhunderts großer Beliebtheit für Vokal- und Instrumentalkompositionen und fand auch in die Tanzmusik Eingang. Die Herkunft des Namens bleibt ungeklärt. Alfred Einstein (1911/12) sah den Ursprung des Baßmodells in der Gepflogenheit der Aria da cantar (Aria di ottava; →Arie) des 16. und frühen 17. Jh., des improvisierten Singens von Versen zu Baßformeln (Strophenbässen), und führte den Terminus auf den Namen eines Helden bzw. den Anfang der bekannten Ottava (Strophe zu 8 Elfsilblern) »Ruggier, qual sempre fui, tal’ esser voglio/Fin’ alla morte, e più, se più si puote« (XLIV,61) aus Ariostos Orlando furioso zurück (Ferrara 1516, endgültige Fassung ebd. 1532). Vertonungen dieser Strophe sind seit 1547 nachgewiesen (E. de Valderrábano, Silva de sirenas, Valladolid). Ein einfacher, mit »Ruger« überschriebener vierstimmiger Satz ohne Text findet sich in einer englischen Hs. aus der Mitte des 16. Jh. (GB-Lbl, Ms. Roy.App.74, fol. 46v); er weist die richtige Anzahl von Noten auf, um...