I. Liturgischer Ort
Benedicamus Domino ist der Versikel, der am Ende aller kanonischen Offizien mit Ausnahme der Matutin gesungen wird, sowie in der Fastenzeit am Schluß der Messe anstelle des »Ite missa est« und am Ende der umlaufenden Commemorationen nach der Vesper und Laudes. Das Benedicamus regte zur Schöpfung zahlreicher Versus und Conductus an, es wurde in liturgische Dramen einbezogen und fand Eingang in Tropare und Sammlungen mehrst. Musik. Der Versikel wurde solistisch gesungen, und die Antwort »Deo gratias« erklang im Chor auf dieselbe Melodie.
In der benediktinischen Regel (6. Jh.) wird das Benedicamus bei der ausführlichen Behandlung des Offiziumsaufbaus nicht erwähnt; vielmehr scheint der Gesang im karolingischen Gallien aufgetaucht zu sein. In einer Hs. über die monastischen Gewohnheiten aus dem späten 8. Jh., dem Memoriale qualiter, wird gezeigt, daß der Versikel zu jener Zeit als abschließender Satz am Ende der Mahlzeiten diente (Hallinger 1963, S. 276). Unter anderen liturgischen Kommentatoren behandelt Amalarius von Metz in seiner Erörterung des Offiziums zu Anfang des 9. Jh. den Versikel als alltäglich (Hanssens 1950, 188; Jungmann 1955, 435).
Die kunstvollsten Benedicamus-Melodien waren den großen Horen der Vesper...