I. Allgemeine Begriffsgeschichte
Klassik und klassisch – klassisches Werk, klassischer Autor – sind Begriffe, die in den Kunst- und Literaturwissenschaften wie in der Musikwissenschaft, aber auch in der Umgangssprache geläufig sind. In allen diesen Bereichen bezeichnen sie Unterschiedliches, aber Verwandtes. Am wenigsten problematisch, wenngleich beklagenswert ist dabei der umgangssprachliche Gebrauch, in dem von klassischen Reisezielen, Sportarten, Waschmitteln oder Toilettenpapieren die Rede ist. Klassik ist damit – zumindest im deutschsprachigen Raum – einbezogen in die allgemeine Begriffs- und Wort-Inflation, die ein wesentliches negatives Merkmal der Massen- und Medienkultur ist. Klassik bezeichnet heute außerdem, im Zusammenhang mit der verwaltungstechnischen Einteilung der Musik in U und E, den gesamten Bereich der E-Musik (im Rundfunk z. B. in Sendungen wie Klassik am Mittag oder classic Hits, im Fernsehen etwa Justus Frantz’ Achtung Klassik!; Schallplattenkataloge mit der Einteilung jazz/pop/classic); dabei suggeriert der Begriff unterschwellig, noch nicht gänzlich seiner traditionellen Inhalte beraubt, Qualität und appelliert an Bildung, Bildungsbewußtsein und Bildungsstreben als Relikte der bürgerlichen Gesellschaft. Inflation und Beliebigkeit des Terminus beginnen bemerkenswert früh und sind schon in Nestroys Komödie Einen Jux will er sich machen (1842) Ziel des Spottes:
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