I. Begriff und Wesen
Unter Kurrende verstand man vom MA. bis ins frühe 19. Jh. einen aus bedürftigen Knaben vornehmlich der unteren Klassen der Lateinschulen gebildeten Chor, dem, meist in altertümlicher Tracht (z. B. schwarze Radmäntel und Kappen mit Hängequasten), unter Führung eines Präfekten (praefectus, praecentor, auditor) zu festgesetzten Zeiten gegen Geld- und Naturaliengaben auf Straßen (vicatim) und öffentlichen Plätzen oder von Haus zu Haus (ostiatim) und gelegentlich auf besondere Einladung zu singen gestattet wurde. Später dehnte sich der Begriff mehr oder weniger auf alle ›beweglichen‹ und mit einem Auftrag an die Öffentlichkeit versehenen Chöre unabhängig von ihrer Zusammensetzung und näheren Zweckbestimmung aus. Die Bezeichnungen Kurrende (currenda) und Kurrendaner (currendarius, Mitglied einer Kurrende) sind nicht ohne weiteres von lat. currendo canere abzuleiten, sondern haben sich, wie S. Nyström (1915, S. 228-230) gezeigt hat, wahrscheinlich aus corradere (betteln, urspr.: zusammenscharren), etwa analog zu praebere, praebenda, praebendarius, in mehr scherzhafter Anlehnung an currere entwickelt. Sachlich von der in der Regel nur einstimmig (choraliter) singenden Kurrende im engeren Sinn zu scheiden sind die mehrstimmig (figuraliter)...